
Kurz, saftig grün und unkrautfrei – englischer Rasen gilt weltweit als Symbol "höchster Gartenkultur". Doch im Mutterland des gepflegten Grasteppichs bröckeln langsam die strengen Regeln der Grünflächenpflege: In der jährlichen Aktion „No Mow May“ empfiehlt die britische Naturschutzorganisation Plantlife allen Rasenbesitzern, im Mai ihre Wiese wachsen zu lassen. Diesem Appell folgt nun auch die Deutsche Gartenbau Gesellschaft (Deutsche Gartenbau-Gesellschaft 1822 e.V.). Doch was steckt hinter dem Mäh-Verzicht im Wonnemonat Mai? Und warum bringt „Lazy Gardening“ zehnmal mehr Bienenfutter in den Garten?
Mai minus Mähen – brauchen wir neue Bauernregeln für den Bienenschutz?
Im Mai schlagen nicht nur die Bäume aus, auch Gräser und Blumen beginnen zu sprießen. Viele Gartenbesitzer starten dann ihre Rasenroutine: Einige kürzen ihre Grünfläche regelmäßig am Samstagvormittag, andere schicken einen Mähroboter im Dauerdienst über ihre Außenanlagen. Doch wo liegt beim raspelkurzen Rasenteppich das Problem?
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Kultivierte Rasenflächen beinhalten nur eine geringe biologische Vielfalt. Dass die meisten Gärten zu 50 Prozent und mehr aus Rasen bestehen, reduziert die Nahrungsquellen und Unterschlupf-Möglichkeiten für Wildbienen und andere Insekten landesweit stark. Hinzu kommt: Viele Insekten befinden sich Anfang Mai noch in ihrer Winterstarre im Boden, im trockenen Laub oder in den Ritzen von Totholz. Wer früh mäht, läuft Gefahr, die schlafenden Insekten zu „überfahren“.
Was passiert, wenn man mal nicht mäht?
Die Naturschutzorganisation Plantlife hat die positiven Folgen des „No Mow May“ in Großbritannien in einer wissenschaftlichen Erhebung unter der Aufsicht von Botanikern dokumentiert. Dabei zeigen sich enorme Vorteile im Hinblick auf die Bio-Diversität:
- Wird das Mäh-Intervall auf einen Monat ausgedehnt, klettert die Nektar- und Pollenproduktion einer Wiese bis auf das Zehnfache. Der Grund: Niedrigwachsende Pflanzen wie Gänseblümchen, Weißklee und Gewöhnlicher Hornklee sind gut daran adaptiert, in kürzerem Rasen zu gedeihen. Sie entwickeln niedere, kräftige Stängel und werden vermehrt zum Blühen stimuliert, wenn die alten Blüten alle vier Wochen gekappt werden. Auf diese Weise steigt der Nektar- und Pollenoutput pro Quadratmeter deutlich.
- Ein noch längeres Mäh-Intervall (z.B. nur zweimal pro Jahr) maximiert dagegen die ökologische Vielfalt des Wiesenstücks. In unberührten Flächen wachsen bald auch langstielige und seltenere Blumen wie Acker-Witwenblume, Flockenblume oder Rotklee.
Mähen oder nicht mähen - was empfehlen die Experten?
Die Survey-Ergebnisse unterstützen eine Kombi-Strategie: Einige Wiesenstücke im Garten sollte man während der Vegetationsperiode völlig unberührt lassen, um die maximale Vielfalt an Kultur- und Wildblumen zu fördern. Andere Flächen, z.B. die Wege zwischen Bienenweiden, darf man dagegen jeden Monat auf etwa 5 cm Höhe kürzen. Hier bringen Gänseblümchen und Co dann maximalen Nektar- und Pollen-Output. Die britischen Botaniker wollen gar errechnet haben, dass ein durchschnittlicher Rasen pro Tag genug Nektar für 1088 Honigbienen hervorbringen kann, wenn man das Mähen reduziert.
Welche Vorteile kann eine Mahd haben?
Die natürliche Artenvielfalt zu erhöhen, ist auch das Ziel im beegut-Wiesenprojekt. Hier haben wir euch bereits gezeigt, wie man eine Bienenweide ohne Umgraben anlegt. Ganz ohne Mähen kommen wir allerdings nicht aus, denn damit verhindert man auch, dass sich invasivere Pflanzenarten zu leicht durchsetzen und dadurch die Vielfalt minimieren würden. Bei uns steht der Wiesenschnitt sehr spät im Jahr an, wenn die meisten Blumen bereits ausgeblüht sind.
Doch wieso ist das Mähen überhaupt nötig? Kann man die Pflanzen nicht einfach ausblühen, vertrocknen und anschließend auf der Fläche stehenlassen?
Einerseits: Ja, gern! Denn die trockenen Stängel und Stauden bieten Wildbienen und anderen Insekten einen Unterschlupf im Winter. Andererseits wachsen die Blumen im Folgejahr leichter hoch, wenn die vorherige Generation abgemäht wurde.
Und schließlich kommt es auf die Bodenbeschaffenheit an: Wer die vertrocknenden Blumen der vergangenen Saison kompostieren lässt, schafft einen „fetten“ Boden mit reichlich Nährstoffen. Viele Wildblumen gedeihen jedoch besser auf mageren Böden. Gerade auf lehmhaltigen und nährstoffreichen Grund empfiehlt es sich deshalb, am Ende der Saison zu Mähen und den Grünschnitt abzuräumen. So entstehen optimale Wachstumsbedingungen für eine bunte Wiese aus bienenfreundlichen Pflanzen.
Über den Autor
Kristina Luft
Kristina ist bei beegut seit Stunde 0, trinkt mehr (Wild-)Kräutertees als Wasser und stolze Besitzerin eines Hochleistungsmixer mit 3 PS (!).
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