Dieser Beitrag stammt vom Bienenforscher und Biologen Benjamin Rutschmann. Benjamin arbeitet zusammen mit seinem Kollegen Patrick Kohl am Projekt "beetrees" an der Erforschung wilder Bienenvölker in europäischen Wäldern.
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Die Honigbiene wohnt als Wildtier in hohlen Bäumen und ist seit der Wiederausbreitung von Laubwäldern nach dem Ende der letzten Eiszeit ein natürlicher Bestandteil der heimischen Fauna (Ruttner 1988). Spätestens jedoch seit dem Mittelalter wird die Ökologie der europäischen Honigbienenpopulation maßgeblich durch den Menschen beeinflusst.
In Waldgebieten Osteuropas, aber auch im Nürnberger Reichswald oder im Fichtelgebirge, etablierte sich eine Waldbienenhaltung, die Zeidlerei. Auch damals schon wurde der Wald sehr intensiv von verschiedenen Wirtschaftszweigen genutzt. Die Köhlerei, die Glasbläserei oder für die Salzherstellung, brauchte man einen ständigen Nachschub an Feuerholz; Naturhöhlen konnten sich nur äußerst selten bilden.
Durch das Schlagen von Höhlen in lebende Bäume förderte der Zeidler als Hegemeister die im Wald lebenden wilden Honigbienenvölker. Bei erfolgreicher Besiedlung erntete er, mehrere Meter vom Boden entfernt, einen Teil der Honig und Wachsvorräte. Als Schutz vor Stürmen entwipfelte er diese Beutenbäume oft und sorgte damit über mehrere Jahrhunderte für langlebige Höhlen in den Wäldern.
Nachdem die Zeidlerei im 17. Jahrhundert an Bedeutung verlor, führte schließlich eine intensivierte Forst- und Landwirtschaft zum Verlust geeigneter Nistplätze, sodass sich der Lebensraum der Honigbienen hauptsächlich in den agro-urbanen Raum verschob (Crane 1999).
Auch heute noch wild lebende Bienen in unseren Wäldern?
Seit der Einschleppung der Varroamilbe, einer invasiven Parasitenart, in den 70ern Jahren und einem damit einhergehenden Rückgang der von Imkern gehaltenen Bienenvölker, ging man davon aus, dass alle wilden Honigbienenvölker in Europa ausgestorben seien. Im Rahmen einer ersten gezielten Kartierung konnten wir jedoch zeigen, dass heute noch Honigbienenvölker wild in deutschen Buchenwäldern leben (Kohl & Rutschmann 2018).
Im Mittelalter waren die Honigbienenpopulationen wild und konnte ohne Zutun des Zeidlers bzw. eines Imkers überleben. Ob dies heute immer noch der Fall ist oder ob die Völker im Wald immer auf den Nachschub von Imkerschwärmen angewiesen ist erforschen wir gerade im Zuge eines großangelegten Monitorings von Honigbienenvölkern in Schwarzspechthöhlen.
Schon jetzt ist jedoch klar, dass naturnahe Lebensräume, wie extensiv bewirtschaftete Waldgebiete, wichtige Refugien für wild lebende Honigbienen darstellen und unbedingt erhalten werden sollten.
Foto: Dimi Dumortier, Zeidlerprojekt: https://www.waldbiene.eu/zeidlerbuche/ Foto: Benjamin Rutschmann
Ergänzend können wir noch diesen Beitrag vom SWR auf Youtube empfehlen:
Ruttner, F., 1988. Biogeography and Taxonomy of Honeybees, Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH.
Crane, E., 1999. The World History of Beekeeping and Honey Hunting, London: Duckworth.
Kohl, P.L. & Rutschmann, B., 2018. The neglected bee trees: European beech forests as a home for feral honey bee colonies. PeerJ, 6, p.e4602.
Über den Autor
Benjamin Rutschmann
1 Kommentar
Hallo Herr Rutschmann,
habe mit Freude den Bericht über ihre Forschung zusammen mit Herrn Koch war genommen.
Ich beobachte, bei uns im Ort, immer wieder, dass Bienen Häuser (Dächer) als Unterkünfte nutzen. So auch in diesem Jahr, wo es gleich zwei Bienenvölker gibt.
Mir ist auch aufgefallen, dass die Bienen den Winter in diesen ungewöhnlichen Unterkünfte Überstehen.
Ist zu dieser Art von Bienenunterkunft schon geforscht worden? Wenn nein, wäre dies denkbar?
Mich würde es sehr interessieren, gerade auch im Hinblick auf deren Gesundheit.
Da es mich verwundert, das die Bienen (das gleiche Volk) mehrere Jahre in den Dächern überleben.
Gruß D. Compagnone