Dünne Tüte, dickes Problem? Plastiktütenfreier Tag 2022

Geposted von Samuel Ilg Samuel Ilg |
Dünne Tüte, dickes Problem? Plastiktütenfreier Tag 2022
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     plastiktütenfreier tag

    Den 3. Juli erklärte das europäische Netzwerk „Zero Waste“ im Jahr 2011 zum „Internationalen plastiktütenfreien Tag“. Seitdem veranstalten Umweltschutz-Organisationen an diesem Datum weltweit Aktionen und Demos, die uns den Verzicht auf Plastiktüten nahelegen. Eine gute Gelegenheit, sich noch einmal daran zu erinnern, was die dünne Tüte eigentlich zum dicken Problem macht:

    Bequem Eintüten = mehr verkaufen!

    „Ich hab´ nichts zum Tragen mit … “ – wahrscheinlich wurde die Einkaufstüte nur erfunden, damit kein Kunde diese faule Ausrede je wieder gegen einen Kauf vorbringen kann. Die Ur-Version bestand noch aus Papier und wurde in Deutschland bereits 1853 industriell hergestellt. Ihr Zweck war damals wie heute derselbe: Es dem Kunden erleichtern, möglichst viel Ware aus dem Laden zu tragen. Allerdings hatten die kompostierbaren Tüten einige Nachteile: Papier reißt bei großen Gewichtsbelastungen und ist nicht regenfest. 

    Das Wirtschaftswunder: ein Problem wird geboren

    Auf der Suche nach einer stabilen Tragehilfe, die man klein zusammenfalten kann, entwickelten sich in den 1960er Jahren Einkaufstüten aus dem Modestoff Plastik. Seit 1961 bracht das deutsche Kaufhaus Horten sie hierzulande erstmals in Umlauf. Bunt bedruckt mit Firmenlogo wurden sie den Kunden gratis aufgedrängt und verwandelten damit jeden Käufer in eine laufende Werbefläche. Das bequeme Shopping-Erlebnis für den Kunden, die kostenlose Werbung für den Händler – Plastiktüten hatten in den Augen der Konsumwelt so viele Vorteile, dass niemand die negativen Konsequenzen im Blick behielt.

    70 Jahre Plastikwahn und Tütenflut

    Seit den 1950ern hat sich die weltweite Kunststoffproduktion um das 230-Fache gesteigert und mit ihr wächst auch die Plastiktütenlast. Weggeworfene Kunststofftüten bilden aktuell den Hauptteil der Plastikverschmutzung an Land. Gleichzeitig tragen sie viel zu den 10 Millionen Tonnen Plastikmüll bei, die jährlich im Meer landen. Man findet Plastiktüten an Stränden unbewohnter Inseln und in den großen Müllstrudeln der Weltmeere, z.B. dem Great Pacific Garbage Patch. Selbst am entlegensten Punkt unserer Erde, dem knapp 11 Kilometer tiefen Marianengraben im Westpazifik, stießen Tiefseeforscher auf Zivilisationsmüll in Gestalt von Plastiktüten.

    Mehr Mikroplastik als Plankton

    Das Problem an den Tüten in der Umwelt: Sie brauchen Jahrhunderte, um zu zerfallen, und zersetzen sich dabei nicht wirklich. Denn Kunststoff ist inert, d.h., er reagiert nicht chemisch mit seiner Umgebung und wird nicht abgebaut, sondern zu Mikropartikeln zerrieben. Das Mikroplastik vermischt sich mit den Kleinstlebewesen im Meer, welche die Grundlage der marinen Nahrungskette bilden. Mancherorts ist die Konzentration von Mikroplastik bereits 6-mal höher als die von Plankton. Fische fressen den Kunststoff, er reichert sich in ihrem Körper an und landet auch auf dem menschlichen Speiseplan. Größere Plastiktütenteile richten direkt Schaden an, wenn Meereslebewesen sich damit strangulieren oder sie bei ihnen einen Darmverschluss erzeugen.

    Wie schaffen wir den Tüten-Entzug? 

    Deutsche Händler haben sich seit 2016 zwar selbst verpflichtet, keine kostenlosen Plastiktüten mehr auszugeben, doch jeder Bundesbürger nutzt pro Jahr noch immer 71 Stück. Insgesamt 6 Milliarden Tüten kommen so in jährlich in Deutschland zusammen sowie eine Billion Plastiktüten rund um den Globus. Die Produktion jeder einzelnen Tasche verbraucht 40g Erdöl, bei der Herstellung, dem Transport und der Verbrennung wird CO2 frei.

    Das wahre Problem an der Tüte

    An sich müsste man die Plastiktüte nicht verteufeln, wenn man sie denn jahrelang wiederverwenden würde. Das Problem ist ihre kurze Nutzungsspanne: Nur durchschnittlich 25 Minuten erfüllt eine Plastiktüte in Deutschland ihren Zweck, bis sie entsorgt wird. Die geringe Haltbarkeit hat Konzept: Um die Tüten in der Herstellung preiswerter zu machen, werden sie möglichst dünn produziert und reißen schnell. Auf Mülldeponien oder im Freien wehen sie dann weg und gelangen in den gigantischen Plastikmüll-Kreislauf unseres Planeten.

    Was kann man als Verbraucher tun?

    Ganz klar: Die eigene Tasche zum Einkaufen mitbringen! Das ist nicht nur umweltschonend, sondern auch stilbewusst – wer will schon als unbezahlte Werbefläche durch die Gegend laufen? Und Alternativen zur Einweg-Plastiktüte gibt es viele: zum Beispiel eine stabile Dauertragetasche aus recyceltem Material, Stoffbeutel, Obst- und Gemüsenetze, einen stylishen Shopper oder bequemen Rucksack. 

     

    Wer noch mehr tun will, kauft vorwiegend unverpackte Lebensmittel, die immer mehr Läden auch in mitgebrachte Mehrweg-Behälter abfüllen. Plastik kannst du auch in der Küche vermeiden, wenn du Alufolie oder Frischhaltefolie durch Bienenwachstücher ersetzt. Auch die bewusste Wahl von Kleidung aus Naturfasern oder Menstruations-Cups statt Tampons reduzieren die Plastikverschmutzung erheblich. Uns eins ist sicher: Als Kunde hat jeder von uns die Macht, mit seiner Kaufentscheidung die Konsumwelt in eine umweltfreundliche Richtung zu bewegen.

     

    Samuel Ilg
    Über den Autor
    Samuel Ilg

    Samuel ist Mit-Gründer von beegut, begeistert von Permakultur / Restoration Agriculture, schmökert gerne Hermann Hesse und überzeugt von der Macht des Verbrauchers

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